Was ist Schmerz, und warum empfinden wir Schmerz? Die Antwort auf diese Frage hat sich in den letzten 10 Jahren dramatisch verändert. Dank der bildgebenden Verfahren des Gehirns wissen Wissenschaftler heute viel mehr darüber, wie Schmerzen verarbeitet werden und warum sie chronisch werden.
Das Wissen über die Entstehung von Schmerzen ist der erste Schritt zur Heilung von chronischem Schmerz. Wovon reden wir also?
Schmerz ist ein Schutzmechanismus.
Aus evolutionärer Sicht hilft uns der Schmerz zu überleben. Wir Menschen können den Schmerz nutzen, um etwas über unsere Umwelt zu lernen und besser darin zu werden, alles zu vermeiden, was uns potenziell schaden könnte. Er fungiert als eine Art Gefahrensignal, das uns sagt, wenn wir einer heißen Herdplatte zu nahe kommen, oder uns lehrt, den Igel nicht zu streicheln. Er motiviert uns auch, uns zu schonen, wenn das Gewebe in unserem Körper beschädigt ist und sich ausruhen muss, um zu heilen. Im Grunde ist der Schmerz also richtig und wichtig.
Schmerz ist also dazu da, den Menschen zu schützen, deshalb tut eine Verletzung normalerweise weh. Aber in manchen Szenarien kann der Schmerz unterdrückt werden, auch wenn eine Verletzung vorliegt. Und in anderen Fällen können Schmerzen erzeugt werden, obwohl es gar keine Verletzung gibt.
Schmerz ist nicht nur eine körperliche Erfahrung.
Bislang ging man davon aus, dass der Schmerz dort entsteht, wo wir ihn fühlen, und dass die Ursache immer eine körperliche Schädigung ist. In den letzten Jahrzehnten haben sich diese Modelle als falsch erwiesen. Wir wissen jetzt, dass physikalische Schädigung des Körpers einer von vielen Faktoren ist, die dafür verantwortlich sind, ob und wie stark wir in einem bestimmten Moment Schmerzen empfinden. Aber es ist eigentlich einer der am wenigsten einflussreichen Faktoren, insbesondere wenn es um chronische Schmerzen geht.
Alle Schmerzen haben ihren Ursprung im Gehirn.
Das gilt für jede einzelne Art von Schmerz, unabhängig davon, wie er entstanden ist, wie stark er ist oder wie lange er schon anhält. Schmerz existiert erst, wenn das Gehirn sagt, dass er existiert.
Wenn Sie sich mit dem Hammer auf den Daumen schlagen, spüren Sie Schmerz im Daumen. Es wäre also anzunehmen, dass der Schmerz im Daumen entsteht.
Aber das ist nicht wahr. Die Nozizeptoren in Ihrer Hand haben Ihr Gehirn alarmiert, dass eine potenzielle Bedrohung besteht. Dann entschied die Kommandozentrale in Ihrem Gehirn, wie viel Schmerz produziert werden sollte, um Sie vor dieser Bedrohung zu schützen. Und dann, innerhalb von Nanosekunden, begann Ihr Daumen zu schmerzen.
Das Gleiche gilt für alle Arten von Schmerzen, unabhängig davon, ob sie mit einer körperlichen Verletzung einhergehen oder nicht. Ihr Gehirn erzeugt Schmerzen als Reaktion auf alle möglichen Bedrohungen, nicht nur auf körperliche Verletzungen. Unabhängig von der Bedrohung oder dem Symptom ist es immer Ihr Gehirn, das den Ton angibt und entscheidet, welches Maß an Schmerz Sie in diesem Moment am besten schützen wird.
Das Gehirn hat nicht immer recht.
Ob das Gehirn als Reaktion auf einen Reiz einen Schmerzimpuls veranlasst, hängt von zahlreichen Faktoren ab. So kann das Gehirn auch neutrale Reize als Gefahrenquelle interpretieren und mit Schmerzen reagieren, obwohl gar keine Gewebeschädigung vorliegt. Der Schmerz die Meinung Ihres Gehirns, und diese Meinung entspricht nicht immer der Realität.
Ihr Gehirn kann entscheiden, dass Sie geschützt werden müssen, obwohl das nicht stimmt.
Ihr Gehirn kann entscheiden, dass Sie sich in großer Gefahr befinden, obwohl dies nicht der Fall ist.
Ihr Gehirn kann einen Reiz, der schon einmal gleichzeitig mit einer Schmerzerfahrung aufgetreten ist, als gefährlich einstufen, und wird dann in Zukunft darauf wieder mit Schmerzen reagieren.
So entstehen chronische Schmerzen. Sie sind eine erlernte Reaktion des Gehirns und können auf Fehlinterpretationen beruhen. Beim Lernen bilden sich im Nervensystem neue Nervenbahnen, die in ähnlichen Situationen ähnliche Reaktionen ermöglichen.
Die gute Nachricht: es ist möglich, diese Schmerzreaktionen wieder zu verlernen.
Auf diesem Weg möchte ich Sie gerne therapeutisch begleiten.
Dabei kommen neuste Therapieverfahren aus dem Mindbodyansatz zum Einsatz. Atem- und Körperübungen aus der Polyvagaltherapie helfen, das Nervensystem zu beruhigen, und mithilfe von Focusing können wir bisher unbewussten Emotionen begegnen. Optional können die Pferde als Co-Therapeuten mit unterstützen.
Die therapeutische Arbeit kann vor Ort in der Eifel oder online per Zoom stattfinden (dann leider ohne Pferde).